Stammzellen
Stammzellen haben die Fähigkeit unterschiedliche Gewebe kontinuierlich zu erneuern oder zu ersetzen. Stammzellen können sich in verschiedenen Zelltypen differenzieren, die für die regenerative Medizin daher interessanter sind.
Was ist eine Stammzelle:
Stammzellen werden über mehrere Eigenschaften charakterisiert, die sie von somatischen Zellen unterscheiden.
- Stammzellen liegen in einem undifferenzierten Zustand vor und sind in der Lage, in verschiedene Zelltypen zu differenzieren und zur Bildung verschiedener Gewebe beizutragen. Mit den unterschiedlichen Entwicklungs- und Differenzierungsmöglichkeiten von Stammzellen ist der Betriff der Potenz verbunden. Stammzellen besitzen eine ausgeprägte praktische unbegrenzte Teilungsfähigkeit. Damit verbunden ist eine hohe Telomeraseaktivität.
- Telomerase:
Um der Verkürzung von Chromosomen bei der Teilung entgegenzuwirken haben Bakterien das Problem gelöst, indem sie die Erbinformationen in Form einer zirkulären DNA speichern.
Eukaryoten wie der Mensch haben gegen dieses Replikationsproblem die Telomere entwickelt, die sich an den Chromosomenenden mit einer Länge von mehreren tausend Nukleotiden befindet. Bei jeder DNA-Replikation werden die Telomere an den Chromosomenenden verkürzt und wenn ein kritischer Wert von ca. 4 kW erreicht ist, geht die betroffene Zelle in den programmierten Zelltod Apoptose über es tritt ein Wachstumsstopp ein. Dadurch wird die Lebenszeit der Zellen begrenzt. Verkürzung der Telomere kann daher auch als ein Mechanismus zur Verhinderung eines Tumors dienen. Um dies entgegenzuwirken, besitzen manche Zellen das Enzym Telomerase, das sich aus einem Protein und einem RNA-Anteil zusammensetzt. Bisherige Nachweismöglichkeiten haben Telomeraseaktivitäten bisher nur in Keimen und Stammzellen nachgewiesen. Auch Krebszellen können durch eine erhöhte Telomeraseaktivität gekennzeichnet sein, in den normalen somatischen Körperzellen ist die Telomerase hingegen nicht aktiv, was letztendlich ein essentieller Grund für die Alterung von Zellen ist.
Siehe dazu auch Verlängerung der Telomere und Aktivierung der Telomerase durch NAD+.
- Stammzellen sind in der Lage, die unter Punkt 1) und 2) genannten Fähigkeiten aufrechtzuerhalten. Dies wird gewährleistet, indem durch die Teilung einer Stammzelle mindestens eine Tochterzelle entsteht, die das gleiche Entwicklungspotential aufweist wie die Mutterzelle.
Differenzierung von Stammzellen:
Eine Stammzelle zeichnet sich durch ihr Differenzierungspotential in verschiedene Zelltypen aus und besitzt darüber hinaus die Fähigkeit, diesen Stammzellzustand aufrechtzuerhalten.
Der Begriff Differenzierung bezeichnet allgemein die Unterscheidung zwischen zwei Zuständen, bei dem eine weniger spezialisierte Zelle auch Vorläuferzelle genannt, in eine spezialisierte Zelle umgewandelt wird. Am deutlichsten wird dies, wenn man sich die embryonale Entwicklung anschaut, bei der aus einer einzigen befruchteten Eizelle der zygote ein komplexer Organismus entwickelt. Auf molekularer Ebene bedeutet die Differenzierung, dass nicht in jedem Zelltyp das gesamte Genom, sprich Erbaktivität (DNA) transkribiert und translatiert wird, sondern je nach Zelltyp ganz unterschiedliche Gene aktiv exprimiert werden.
Die Differenzierung wird in drei Teile aufgegliedert:
Die Spezifikation
Die Determinierung und
die terminale Differenzierung.
Durch Spezifikation und Determinierung wird das zukünftige Schicksal einer Zelle festgelegt. Eine determinierte Zelle behält ihr Entwicklungsziel bei, auch wenn sie aus ihrer ursprünglichen Umgebung in eine neue verpflanzt wird. Im Gegensatz dazu könne sich eine nicht determinierte Zelle an eine neue Umgebung anpassen und sich neu determinieren. Ist eine Zelle spezifiziert, behält sie ihr Entwicklungsziel bei.
Die Rolle der drei Keimblätter in der embryonalen Entwicklung:
1) das Ektoderm, aus dem sich das Nervensystem und die Epidermis entwickelt,
2) das Mesoderm, aus dem sich Skelettmuskulatur, Knochensystem, Niere, Herz und Blutsystem entwickelt und
3) das Endoderm, das innere Verdauungsorgane, wie Darm, Leber und Pankreas, aber auch Lunge und Schilddrüse entwickeln.
Im Rahmen dieser Differenzierung spezialisieren sich die Zellen immer mehr, bis sie zu einer terminal differenzierten Zelle werden, die dann noch keine Teilungskapazität mehr hat. Per se hat eine terminal differenzierte Zelle weder die Möglichkeit einer D-Differenzierung, sprich sich auf einen früheren Zustand wieder zurückzuberufen in der Vorläuferzelle oder einer Transdifferenzierung, sprich zu einer anderen Zelle zu werden.
Differenzierung und Entwicklungspotential von Stammzellen:
Das Differenzierungspotential beschreibt die Möglichkeit einer Zelle, sich in verschiedene spezialisierte Zellen zu differenzieren, während das Entwicklungspotential hingegen beschreibt die korrekte zeitliche Differenzierung und dreidimensionale Anordnung verschiedener Zelltypen.
Mit dem Begriff Potenz einer Zelle wird sowohl das Entwicklungs- als auch das Differenzierungspotential beschrieben.
Zum Entwicklungspotential:
- Totipotent.
Eine Zelle ist dann totipotent, wenn sie in der Lage ist, einen vollkommenen und vollständigen Organismus zu bilden. In diesem Sinne ist nur die Zygote totipotent. Daher ist per definitionem bisher keine etablierte Stammzelle oder Stammzelltherapie zu Totipotenz befähigt.
- Pluripotenz.
Unter Pluripotenz verstehen wir die Fähigkeit einer Zelle, die Derivate aller drei Keimblätter zu differenzieren. Eine embryonale Stammzelle beispielsweise ist eine pluripotente Stammzelle.
- Multipotent
Multipotent sind Zellen, welche die Fähigkeit besitzen, sich in mehrere, aber nicht alle! Entwicklungslinien zu differenzieren und damit zum Beispiel ein Organ bilden könnten. Sie weisen jedoch ein sehr viel geringeres Entwicklungspotenzial als pluripotente Stammzellen auf. Das beste Beispiel für multipotente Stammzellen sind mesenchymale Stammzellen aus dem Körperfett oder hämatopoetische Stammzellen aus dem Knochenmark.
- Oligopotenz
Oligopotente Zellen sind solche, die in einige wenige Zelltypen differenzieren können, beispielsweise neurale Stammzellen des Gehirns.
- Unipotenz
Unipotente Zellen können sich lediglich in einen einzelnen Zelltyp eines Gewebes entwickeln.